Aus der Einleitung der Hg.:

Bereits in den arbeitssoziologischen und sozialpolitischen Debatten der 1980er Jahre wurde der Frage nachgegangen, wie die „Produktion“ sozialer Dienstleistungen anders als über den Staat oder den Markt organisiert werden könne. Ähnliche Diskussionen um die Formen der Wohlfahrtsproduktion werden heute wieder intensiv geführt. Trotz des demographischen, sozioökonomischen und kulturellen Wandels der letzten vier Jahrzehnte scheinen sich die vorgeschlagenen Lösungskonzepte jedoch kaum verändert zu haben. Denn ähnlich wie in den 1980er Jahren wird auch heute vor allem auf den Ausbau haushaltsnaher und personenbezogener Dienstleistungen sowie auf deren Formalisierung gesetzt. Doch weshalb scheinen diese Vorschläge heute wieder attraktiv zu sein? Sind sie überhaupt noch zeitgemäß? Diesen Fragen widmen sich Anneliese Durst und Ilona Ostner im dritten Beitrag. Dabei zeigen die Autorinnen zunächst auf, dass drei wichtige Positionen der Debatte in den 1980er Jahren – namentlich Günther Schmid, Fritz Scharpf und Michael Walzer – gegenüber den Hoffnungen Fourastiés in die aufziehende Dienstleistungsgesellschaft skeptisch blieben. Statt der Annahme einer deutlichen Aufwertung der Dienstleistungserwerbsarbeit im Wohlfahrtsstaat tendierten die drei Autoren letztlich alle zu einer wohlfahrtspolitischen Reorganisation sozialer Dienstleistungen in Form eines „Dritten Weges“ jenseits von Staat und Markt. Zum Teil wiesen sie dabei freigemeinschaftlichen oder genossenschaftlichen Dienstleister*innen eine besondere Rolle zu. Da der Bedarf an haushaltsnahen Dienstleistungen durch Prozesse der Individualisierung und einer Pluralisierung der Lebensweisen heute signifikant zunimmt, greifen die beiden Autorinnen die bereits vor 40 Jahren diskutierte Idee eines „Dritten Weges“ noch einmal auf und stellen ihn – anhand eines konkreten genossenschaftlichen Projekts in München – in den aktuellen Kontext.