Aus der Einleitung der Hg.:

Der Nachhaltigkeitsdiskurs im globalen Norden wird überwiegend von privilegierten, weißen und akademisch geprägten Stimmen dominiert. Diese einseitige Perspektive führt zu Kritik und kann zur Delegitimierung klimapolitischer Maßnahmen beitragen. Auch Umweltbewegungen stehen vor der Herausforderung, Menschen in prekären Lebenslagen einzubeziehen – ein Thema, das in der Forschung bisher kaum berücksichtigt wurde. Der Beitrag von Katharina Karrenbauer schließt diese Lücke, indem er 26 qualitative Interviews mit sozioökonomisch benachteiligten Personen auswertet. Ziel ist es, deren Perspektiven auf Umwelt und Nachhaltigkeit sichtbar zu machen und gängige Annahmen zu hinterfragen – etwa die Vorstellung, Menschen in Armut hätten kein Interesse oder keine Ressourcen für ökologisches Handeln. Die Ergebnisse zeigen: Auch unter prekären Bedingungen existieren Umweltbewusstsein und Sorge um den Klimawandel. Umweltfreundliches Verhalten wird oft praktiziert, auch wenn es primär aus finanziellen Gründen geschieht. Gleichzeitig fühlen sich viele aufgrund struktureller und ökonomischer Hürden in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Der Beitrag fordert daher eine differenzierte Betrachtung des Zusammenhangs von Nachhaltigkeit und sozialer Prekarität.