Aus der Einleitung:

Anti-interventionistische Denkrichtungen, welche Eingriffe in den marktgesteuerten Wirtschaftsprozeß durch staatliche oder kollektive Instanzen grundsätzlich ablehnen, haben seit etwa zwei Jahrzehnten beträchtlich an Einfluß gewonnen. Wo immer die politischen Vertreter einer „freien Marktwirtschaft“ an die Macht kommen – wie dies etwa in Großbritannien (Regierung Margaret Thatchers) und in den USA (Präsident Ronald Reagan) der Fall war – berufen sich ihre wirtschaftspolitischen Programme und Strategien auf Milton Friedmans „Monetarismus“ und auf die „Austrian economics“. Die Austrian economics verfügen im anglo-amerikanischen Raum über eine zahlreiche Anhängerschaft unter Ökonomen und in konservativen politischen Kreisen und haben so ziemlich unangefochten die Erbschaft der Österreichischen Schule angetreten. Diese ist nach der durch die nationalsozialistische Okkupation Österreichs erzwungenen Emigration der Mehrzahl ihrer Repräsentanten heute in Österreich selbst und auch in Deutschland als organisierte Gruppe kaum existent.

Ludwig Mises und Friedrich August Hayek, die als Theoretiker bedeutendsten Leitfiguren der Austrian economics, vertraten beide einen fundamentalen und polemisch scharf akzentuierten wirtschaftspolitischen Antiinterventionismus. Es ist daher nicht überraschend, daß die Österreichische Schule auch im historischen Sinn ihrer im Österreich der Zwischenkriegszeit liegenden Wurzeln weithin als fundamental antiinterventionistisch gilt. Im folgenden wird jedoch zu zeigen versucht, daß das Spektrum der Ansichten zu dieser Thematik wesentlich breiter und das Bild erheblich differenzierter wird, wenn man die in der Zwischenkriegszeit veröffentlichten Schriften von Autoren berücksichtigt, die heute weniger bekannt sind, oder die ihre Ansichten später in den USA oder in England so stark änderten, daß sie nicht mehr den Austrian economics zugerechnet werden.