Aus der Einleitung:

Der insgesamt gelungene Übergang der Wirtschaft Polens von der zentralen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft ab dem 1. Januar 1990 zählt zu den bemerkenswertesten Leistungen bei der Transformation der Volkswirtschaften Ostmitteleuropas nach dem Zusammenbruch des „realen Sozialismus“. Die heutige, vergleichsweise hervorragende Bilanz der polnischen Wirtschaft 30 Jahre später lässt fast vergessen, welcher Mut zur Durchführung der Reformen erforderlich und welche hohen sozialen Kosten mit ihrer Durchsetzung verbunden waren.

Trotz mehrerer Reformversuche in den 1980er Jahren erwies sich die kommunistische Regierung Polens als unfähig, die marode Wirtschaft zu sanieren, deren Zustand durch sinkende Produktivität, galoppierende Inflation, wachsende Versorgungsdefizite und hohe Auslandsverschuldung gekennzeichnet war. Der „Runde Tisch“, an dem von Februar bis April 1989 reformbereite Spitzenpolitiker der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) und kompromissbereite Eliten der (zu diesem Zeitpunkt noch verbotenen) Gewerkschaft „Solidarność“ („S“) verhandelten, sollte Möglichkeiten zu einem Ausweg aus der Krise aufzeigen.

Die als Ergebnis des „Runden Tisches“ im Juni 1989 abgehaltenen halbfreien Parlamentswahlen lösten aufgrund des erdrutschartigen Siegs der „S“ eine Dynamik aus, die im September 1989 zur überraschenden Bildung einer Regierung unter dem „S“-Publizisten Tadeusz Mazowiecki als Premierminister und zum politischen Systemwechsel in Polen führte, der Ende 1989 auch in einer Verfassungsänderung seinen Ausdruck fand. Angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage Polens wurde mit den politischen Reformen auch eine grundlegende Änderung des ökonomischen Ordnungssystems vorbereitet, weg von der sozialistischen Planwirtschaft hin zur Marktwirtschaft. Dafür gab es keinerlei Vorbild. Die meisten Länder Ostmitteleuropas nahmen derartige Reformen ab 1990 stufenweise vor, um die negativen sozialen Folgen dieses Schrittes abzufedern. In Polen wurde dagegen unter der Federführung von Finanzminister Leszek Balcerowicz ein ganzes Paket von Reformgesetzen ausgearbeitet, das weitgehend auf einen Schlag („Schocktherapie“) zum 1. Januar 1990 in Kraft gesetzt wurde.