275 pp.
29.80 EUR
(incl. VAT and Free shipping)
ISBN 978-3-7316-1369-5
Sachregister
Was auch immer von Experten und Laien als Geld definiert und angesehen wird: Es repräsentiert ökonomische Werte. Und nur solange das der Fall ist, wird es von den Akteuren einer Volkswirtschaft als Tausch- und Zahlungsmittel akzeptiert. Der Mechanismus, der die Stabilität der repräsentierten Werte in einem zweistufigen Geldsystem herstellt und garantiert, besteht darin, Zentralbankgeld nur gegen ausreichend hohe Sicherheiten in Umlauf zu setzen. Nicht allein das Drucken schwer kopierbarer Banknoten erzeugt wertstabiles Geld, sondern vor allem der Tausch dieser Noten gegen hochwertige und marktgängige Eigentumstitel. Erstaunlich ist, dass diese triviale Tatsache von den meisten Geldtheorien ignoriert wird.
Nach einer entsprechenden Darstellung der Geldschöpfung setzt sich das Buch sowohl mit prominenten als auch weniger prominenten Geldtheorien auseinander und zeigt, dass sie das moderne Geldsystem nur lückenhaft und verzerrt darstellen. Dagegen kann sich eine relationale Geldtheorie, die Geld als ein verdinglichtes ökonomisches Verhältnis betrachtet, mühelos durchsetzen. Sie liefert außerdem die theoretische Grundlage, um die Gefahr hoher bei der Bundesbank aufgelaufener Targetsalden als ein Scheinproblem zu entlarven.
Die Erläuterung des Unterschiedes zwischen Sparen von Geld und dem, was der Volkswirt darunter versteht, bereitet den Boden, um am Beispiel Griechenlands zu zeigen, dass ein auf die Staatsschuld fokussiertes Hilfsprogramm nicht in der Lage ist, eine Volkswirtschaft aus der Krise zu führen.
"Von ganz anderem Zuschnitt ist das Buch des Leipziger Volkswirts Georg Quaas, das sich ausschließlich mit "modernem Geld" beschäftigt und die aktuelle Debatte zur Funktionsweise des Bankensystems in der Gegenwart zum Gegenstand hat. Das Werk ist eine "Streitschrift", welche die Kontrahenten nicht schont. Darüber hinaus wird mit der Publikation das Ziel verfolgt, "ein theoretisch durchdrungenes Bild des modernen, zweistufigen Geldsystems und seiner Vernetzung mit der Realwirtschaft" (5) zu zeichnen. Der Autor sieht sich dabei aber nicht etwa als Alternativökonom, sondern als jemand, der angetreten ist, die Geldtheorie des Mainstreams zu verteidigen und sie gegebenenfalls zu präzisieren oder zu ergänzen. Dies tut er engagiert und qualifiziert. Gleichwohl hält er sich nicht für einen "Geldtheoretiker" und hat für diese Spezies eher Spott als Respekt übrig. Auch bezweifelt er, dass es sich bei der Geldtheorie "tatsächlich um eine Theorie im strengen Sinn" handelt, eher um "fragmentarische Darstellungen wesentlicher Zusammenhänge"(14).
Diese Position bestimmt sein Vorgehen, das einerseits einer "ernsthaften und gründlichen Betrachtung" entspricht, andererseits aber von einer mitunter nur schwer zu ertragenden Polemik durchdrungen ist. Dies betrifft insbesondere die harsche Kritik an Hajo Riese, Gunnar Heinsohn, Otto Steiger, Dirk Ehnts, Klaus Müller, Heiner Ganßmann und Christian Müller. Bei der Bewertung alternativer Auffassungen fehlen dem Autor Toleranz und Verständnis gegenüber anderen Herangehensweisen und Akzentsetzungen. Es gibt bei ihm wie bei ökonometrischen Empirikern keine Grautöne und Ambivalenzen, sondern nur "richtig" oder "falsch". Zudem alle denkbaren Steigerungsformen von "falsch" wie einseitig, verzerrt, doppelt falsch, ganz falsch, unhaltbar, nichtssagend, völlig falsch, sinnlos, absurd usw. Seine Hauptkritik gilt den Vertretern einer "neuen, angeblich modernen Geldtheorie", die "mit dem Anspruch einer tieferen Einsicht die im ökonomischen Mainstream vertretene Geldtheorie verwerfen" (15). Die eigene Position bleibt dabei vorerst unbestimmt und zeigt sich nur indirekt, in der Ablehnung oder Befürwortung anderer Standpunkte. Grundlage ist jedoch die Auffassung des Autors, wonach Geld eine "verdinglichte Relation" (17) sei. Erst am Ende des Buches findet man eine Erklärung dafür (257) und eine Zusammenfassung der eigenen Theorie (259-262).
Die Darstellung beginnt mit einer Analyse des Geldschöpfungsprozesses der Zentralbank. Ausschlaggebend dafür ist die Kreditvergabe an die Geschäftsbanken. Indem dieser Aspekt in den Mittelpunkt gestellt wird, erscheint das Geldverhältnis wesentlich als Kreditbeziehung und Geld daher essentiell als Kreditgeld in Gestalt von Banknoten, Münzen und elektronischen Daten. Diese Position unterscheidet sich grundsätzlich von der marxistisch-orthodoxen Sicht, wie sie Klaus Müller vertritt, aber auch von der Auffassung der modernen Geldtheorie (MMT), welche Dirk Ehnts teilt. Die Verschiedenheit der Standpunkte wird in den folgenden Kapiteln ausführlich diskutiert. Als problematisch erweist sich dabei die Behandlung des "Tauschparadigmas" (37), welches Quaas als grundlegendes Prinzip auffasst, Geldhistoriker aber im Kontext mit der Genesis des Geldes debattieren. Hier zeigt sich die Schwäche einer nur gegenwartsbezogenen Darstellung: Es fehlt die wirtschafts- wie theoriehistorische Dimension. Ähnliches gilt für die Behandlung von Banknoten als "Papiergeld", worin nicht nur ein Zugeständnis an die Umgangssprache, sondern auch eine gewisse Ignoranz gegenüber einer jahrzehntelangen geldtheoretischen Debatte zum Ausdruck kommt. Zentralbankgeld wird schließlich als "qualitativ unspezifizierte Forderung in das Kollateral der Zentralbank" (40) definiert. Aber es ist nicht das einzige Geld. Konsequenterweise wird als nächstes die Geldschöpfung der Geschäftsbanken behandelt, bei welcher ebenfalls Geld entsteht, Buchgeld. Dieses wie auch die folgenden Kapitel lassen sich nur vor dem Hintergrund der gegenwärtig geführten geldtheoretischen Debatten verstehen. Hauptkritikpunkt ist die von Ehnts und anderen in Anlehnung an Schumpeter vertretene Position, dass die Banken ihr Buchgeld über die Vergabe von Krediten "aus Nichts" schöpfen. Quaas interpretiert dieses "Nichts" als "voraussetzungslos", was natürlich nicht zutrifft, und beurteilt die Aussage folglich als "Fehlschluss" (67). Mit etwas Humor und mehr Sinn für Literatur hätte er merken können, dass es sich bei der Geldschöpfung aus dem Nichts um eine biblische Metapher handelt, worin auf die Schöpfung der Welt durch Gott angespielt wird (Gen 1,1-2,4). Im Übrigen geht es den alternativen Geldtheoretikern wie auch der Deutschen Bundesbank, die sich ausführlich dazu geäußert hat, lediglich darum klarzustellen, dass es sich bei der Kreditvergabe der Banken nicht um ein Weiterreichen von Einlagen handelt, sondern stets um die Schaffung zusätzlichen Buchgeldes. Dass dieser Vorgang rechtlich und ökonomisch vielfältig konditioniert ist, versteht sich von selbst. Wahr ist aber auch, dass diese simple Tatsache häufig von Laien nicht verstanden wird. Die Klarstellung dieses Sachverhalts betrifft aber eine andere Ebene und ist nicht Teil des akademischen Diskurses. Da Quaas in seine Kontroverse neben Fachbeiträgen auch Wortmeldungen anonymer Blogger und von Hobbyökonomen einbezieht, verwischen sich bei ihm mitunter die Ebenen. Damit ist die Gefahr verbunden, dass wissenschaftliche Projekte "intellektuell unterlaufen" werden (89). Dies trifft auf die Kritik an Rieses These vom "Geld als knappzuhaltendem Nichts" (87ff.) zu. Selbst wenn Quaas hier in einigen Punkten Recht haben sollte, scheint es doch vermessen, dem angesehenen Ökonomen und Haupt der Berliner Schule des Monetärkeynesianismus vorzuwerfen, dass seiner Preistheorie "die elementarste Eigenschaft jeder wissenschaftlichen Theorie fehlt" (107). Aus dem Text und dem Quellenverzeichnis geht auch nicht hervor, ob Quaas das Hauptwerk von Riese, worin dieser seine Preis- und Geldtheorie begründet, überhaupt kennt. Im weiteren Verlauf der Darstellung verwundert es nicht, dass er der "multiplen Geldschöpfung" und der Behandlung des Multiplikators breiten Raum einräumt. Er legt sich in dieser Frage auch mit der Bundesbank an, indem er ihr vorwirft, "halbe Wahrheiten" zu verbreiten und eine "Irreführung" der Fachwelt zu betreiben (160). Die ganze Wucht der Kritik bekommt jedoch Dirk Ehnts zu spüren: seinem geldtheoretischen Ansatz ist eigens ein Kapitel gewidmet (171-194). Die Kritik an Ehnts' "Turbo-Keynesianismus" (194) ist in der Sache deutlich, im Ton aber, indem jener "kurz und schlicht" als "Unsinn" abgetan wird (173), vernichtend. Ob die Debatte damit beendet ist, wird sich noch zeigen. Auf jeden Fall wird man aber bei ihrer Weiterführung an vorliegendem Buch nicht vorbekommen."