"Eine gute Basis für eine auch selbstkritische Auseinandersetzung mit dem scheinbar unaufhaltsamen, viele beängstigenden digitalen Mega-Trend ist das schmale Bändchen, in dem Paul Reinbacher diesen sehr anschaulich als «Amazonisierung» beschreibt. Jeffrey «Jeff» Bezos ausgerechnet mit Büchern gestarteter gigantischer Weltgemischtwarenladen repräsentiert das System perfekt. Er setzte neu gegebene Instrumente genial ein: Bequem für Konsumierende, höchst unbequem, ja ausbeuterisch für Produzierende und maximal profitabel für den Chef. Und nicht mehr wegzudenken! Bei einer in Miami durchgeführten Umfrage gaben rund 45 Prozent der befragten und mit einer Amazon-App ausgerüsteten Jugendlichen an, sie würden diese mindestens einmal pro Tag nutzen «und lieber auf Sex als ein Jahr lang auf Amazon verzichten». Es sind bunte Müsterchen, die der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler zusammenfügt, der Ton ist locker. Er doziert zwar als Professor an der Pädagogischen Hochschule Öberösterreich zu Gesellschaftstheorie, glossiert das Geschehen aber auch gern in aktuellen Medien. Dass er Textteile aus seinen Artikeln übernahm, wird durch Doppelungen spürbar. Doch seine Analyse ist bündig, die Warnung deutlich: Demokratie, ernst genommen, ist nicht bequem, Protest per Online-Petition löst noch kein Problem. In der Politik komme die Amazonisierung «augenscheinlich im grassierenden Populismus zum Ausdruck». Das ist gefährlich, so verständlich Versuche des Vereinfachens sind. «Komplexität ist die Lösung derjenigen Probleme, die aus Vereinfachungen entstehen, die nicht funktionieren», zitiert Reinbacher dazu einen Kollegen. Augenzwinkernd? Ehrliche, «realitätsgetreue» Antworten auf viele brennende Fragen, die für Gemeinschaftsbelange zuständige Menschen derzeit beantworten sollten, wären für sie mit Blick auf kommende Wahlen im übertragenen Sinne suizidal, also politisch kaum «zu überleben». Solange sich unser Engagement auf laute Empörung und bequeme Urnengänge beschränkt, rutschen wir wohl weiter ins technokratische und zunehmend totalitäre Krisenmanagement."