Aus der Einleitung:

Aktienkäufe unterscheiden sich von gewöhnlichen (Güter-)Markttransaktionen: es sind systematisch zwei diachron angelegte Transaktionen, die zusammen eine multilaterale Hypertransaktion bilden (im Gegensatz zur synchronen bilateralen Transaktion der Gütermärkte). Was man im Markt 1 (Kauf) erwartet, realisiert sich erst in Markt 2 (Verkauf). Alle Bewertung im Intervall, vom Kauf bis zum Verkauf, bleibt imaginär. Wertzuschreibungen können sich nur auf die je aktuellen Tageskurse beziehen (wie wenn man verkaufen würde). Es kommt auf das ‚Wann‘ der Entscheidung an, nicht auf seine vorherige Prospektion. Anders als in Gütermärkten haben wir es hier mit einer Ökonomie der schwebenden Entscheidungen zu tun, die jeweils – von Konstellation zu Konstellation – revidierbar sind. Man weiß nicht, wann man entscheidet; und selbst dann, wenn man entscheidet, weiß man nicht, ob die Entscheidung „optimal“ war. Denn später könnte man noch bessere Ergebnisse zeitigen. Oder man entscheidet sowieso schon zu spät. Es geht nicht um den (kalkulierbaren) chronos, sondern um den (kontingenten) kairos.

Die Kapitalmärkte faszinieren auf zwei verschiedene Weisen: sie sind große Gewinnmaschinen, Finanzierungsversorgung und ein Feld der Hybris zugleich. Längst sind sie aber über ihren „ökonomischen Auftrag“, Finanzierungen für Investitionen ‚in der Wirtschaft‘ bereitzustellen, hinausgewachsen und zu Wettarenen geworden bzw. zu eigenständigen Vermögens- und Liquiditätsallokationsarenen. Und doch zeigt sich in der Kapitalökonomie eine Handlungslogik, die weder als rational noch als Ausfluss einer „Gier“ angemessen beschrieben wird. Es ist eine eigene Transaktionswelt: die Transaktionen legen sich asymmetrisch in die Zeit.