Aus der Einleitung der Hg.:

Mittlerweile hat die empirische Evidenz die Szenarien der Massenarbeitslosigkeit, die der Mainstream anlässlich einer Einführung des Mindestlohns in Deutschland heraufbeschworenen hatte, klar widerlegt. Hat nun dieser Befund eine Flanke für alternative Modelle und Beschäftigungskonzepte geöffnet? Eine Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern, die der Modern Monetary Theory zugerechnet werden können, hat in den letzten Jahren Ansätze erarbeitet, die dem Staat eine entscheidende Rolle am Arbeitsmarkt zuschreiben. Gemäß diesen Konzepten garantiert der Staat kontinuierliche Vollbeschäftigung, indem er allen potenziell Arbeitslosen zum Mindestlohn im öffentlichen Sektor eine Beschäftigung offeriert. Ziel des Beitrags von Hubert Hieke ist es, herauszuarbeiten, inwieweit derartige Konzepte tatsächlich einen alternativen Lösungsansatz für Vollbeschäftigung im Niedriglohnsektor bieten und als Basis eines Gegenentwurfs zu neoklassischen Modellen angesehen werden können. Es zeigt sich, dass die Alternativkonzepte für die hier untersuchten Bereiche in fast frappierender Weise Überschneidungen und Deckungsgleichheiten mit den Vorstellungen des Mainstreams aufweisen. Zwar rechtfertigt dieser Tatbestand allein natürlich keineswegs eine abschlägige Beurteilung. Vielmehr, so Hieke, ist das vermeintlich alternative Beschäftigungsmodell bei kritischer Betrachtung als Gegenentwurf zu neoklassischen Ansätzen aber deshalb bedenklich, weil es auf dem indirekten, jedoch nicht überzeugenden Eingeständnis der Unmöglichkeit des Erreichens von Vollbeschäftigung mit traditionellen nachfrageorientierten Mitteln basiert.