„In diesem Beitrag wird unter ‚Dataismus‘ eine naive Haltung, mentale Einstellung und fragwürdige Praxis verstanden, mit Daten im öffentlichen Raum in unsachgemäßer, zuweilen auch grob fahrlässiger Art und Weise umzugehen. Selbstredend werden in sorgfältig angelegten wissenschaftlichen Analysen in vielfältiger Weise gemäß induktiver Stochastik Daten auch methodisch einwandfrei erhoben und ausgewertet, um daraus verlässliche Schlüsse zu ziehen (die freilich als Gegenstand wissenschaftlichen Diskurses in einzelnen Hinsichten umstritten sein können). Aber schon die Art und Weise, wie oftmals Medien in der Öffentlichkeit darüber berichten, in unzulässiger Weise Verallgemeinerungen vornehmen, Ergebnisse aufbauschen, missdeuten oder falsche Schlüsse daraus ziehen, hat zusammen mit der dank weltweit vernetzter Computertechnik leichten Verfügbarkeit großer Datenmengen zu durch und durch falschen Vorstellungen über Wert und Bedeutung von Daten für Erkenntnisprozesse, über deren vermeintliche ‚Objektivität‘, wenn nicht gar zu blinder, obsessiver ‚Datengläubigkeit‘ geführt. Das bloße Vorhandensein von Daten verführt zu der naiven Vorstellung, Einblick in wirkliche Vorgänge oder Begebenheiten zu haben, ohne sich um die Herkunft der Daten und zugrunde liegende methodische Aspekte zu scheren. Wer über Daten verfügt, hat aber noch lange nicht verstanden, wozu sie gut sind, was sie auszusagen vermögen und welche Schlüsse daraus gezogen werden können.

Um derartige verbreitete Erscheinungen genauer analytisch durchdringen und in ihrer Fragwürdigkeit angemessen bewerten zu können, werden im folgenden Abschnitt 2 zunächst sehr grundsätzliche Aussagen darüber getroffen, was Daten als Ergebnisse von Messvorgängen in der Wirklichkeit ihrer Natur nach sind, wie sie genau zustande kommen und was sie bedeuten können. Mit diesen Einsichten werden dann einige aktuell in der Öffentlichkeit höchst relevante, aber problematische Vorgänge analysiert und bewertet (Abschnitt 3). Zudem werden vor diesem Hintergrund in Abschnitt 4 einige grundlegende methodische Fragen im Umgang mit Big Data behandelt und an bekannt gewordenen Beispielen des Versagens erläutert. Abschließend werden wichtige Schlussfolgerungen gezogen.“ (P. Brödner)